Erbrecht in der Schweiz

Erbrecht in der Schweiz

und deutsch-schweizerische Erbfälle

Welches Erbrecht gilt?

Die Klärung, welches Recht in deutsch-schweizerischen Erbfällen Anwendung findet, ist mitunter kompliziert: Es kann vorkommen, dass deutsche Gerichte über diese Frage anders entscheiden, als schweizerische Gerichte.

Ein „internationales Gericht“, das diesen Konflikt auflösen könnte, gibt es nicht, ebenso wenig ein „internationales Gesetz“, das einheitlich regelt, welches Recht Anwendung findet.

Jedes beteiligte Land hat sein eigenes sogenanntes internationales Privatrecht, das bei grenzüberschreitenden Sachverhalten regelt, das Recht welchen Staates anwendbar ist.

Für Deutschland ist das internationale Privatrecht für den Bereich Erbrecht seit dem 17. August 2025 in der EU-Erbrechtsverordnung geregelt. Diese bestimmt für am oder nach dem 17. August 2025 eingetretene Erbfälle, welches Recht auf einen Erbfall anzuwenden ist.

Sie gilt sowohl für die gesetzliche als auch die gewillkürte Erbfolge (= Testament oder Erbvertrag).

Durch die EU-Erbrechtsverordnung wurde das anwendbare Erbrecht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der EU weitgehend vereinheitlicht.

Für die Schweiz regelt das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, abgekürzt IPRG, welches Recht Anwendung findet. Der erbrechtliche Teil des IPRG ist mit Wirkung zum 1. Januar 2025 reformiert worden; Ziel war insbesondere eine Harmonisierung mit der EU-Erbrechtsverordnung.

Dennoch kann es bei Sachverhalten mit Bezug zu beiden Ländern – Deutschland und der Schweiz – in Einzelfällen weiterhin dazu kommen, dass nach der EU-Erbrechtsverordnung das Recht eines anderen Landes anwendbar ist als nach dem IRPG der Schweiz.

Im Einzelnen:

Aus Sicht der Schweiz

Nach dem IPRG richtet sich das anwendbare Recht grundsätzlich nach dem letzten Wohnsitz des Erblassers.

Aus schweizerischer Sicht untersteht somit der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz in der Schweiz grundsätzlich schweizerischem Recht.

In der Schweiz lebende Ausländer oder in der Schweiz lebende Schweizer Bürger, die gleichzeitig die Staatsbürgerschaft eines oder mehrerer anderer Länder haben, können aber, wenn sie die Geltung schweizerischen Erbrechts nicht möchten, durch Testament oder Erbvertrag eine Rechtswahl treffen. Hierdurch kann der Nachlass dem Recht eines der Länder, dessen Staatsbürgerschaft die Person neben der schweizerischen hat, unterstellt werden. Auch eine sog. konkludente Rechtswahl (z.B. durch Benutzung von juristischen Fachbegriffen aus einer bestimmten Rechtsordnung im Testament) ist möglich.

Für in der Schweiz lebende Schweizer Bürger mit einer oder mehreren weiteren Staatsbürgerschaften besteht diese Möglichkeit der Rechtswahl neu seit dem 1. Januar 2025.

Aus der Sicht Deutschlands

1. Erbfälle vor dem 17. August 2015 (vor Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung)

Das deutsche Recht knüpft für Erbfälle, die bis zum Tag der Anwendung der EU-Erbrechtsverordnung am 17. August 2015 eingetreten sind, an die Staatsangehörigkeit des Erblassers an und wendet das Recht des Staates an, dem der Erblasser zuletzt angehörte.

2. Erbfälle ab dem 17. August 2025 (nach Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung)

Seit dem 17. August gilt innerhalb der Europäischen Union die EU-Erbrechtsverordnung. Als Grundregel bestimmt diese, dass das Erbrecht des Staates gilt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch die Erbrechtsverordnung kennt aber eine Rechtswahl. So kann der Erblasser ebenfalls bei mehreren Staatsbürgerschaften das Recht eines der Staaten wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes angehört.

Welches Recht gilt ohne Rechtswahl?

Beispiel 1:

Wohnt ein Schweizer in Deutschland und verstirbt dort, ordnet die EU-Erbrechtsverordnung grundsätzlich an, dass deutsches Erbrecht Anwendung findet, da der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Die schweizerische Staatsangehörigkeit kommt hier grundsätzlich nicht zum Tragen, wenn die betreffende Person nicht etwas anderes bestimmt hat.

Das schweizerische IPRG ordnet für diesen Fall an, dass dasjenige Recht anzuwenden ist, „auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist“.

Der Begriff „Kollisionsrecht“ meint dabei das jeweilige internationale Privatrecht eines Landes, in Deutschland also die EU-Erbrechtsverordnung. Das schweizerische Recht verweist in diesem Fall also (zunächst) auf die EU-Erbrechtsverordnung.

Diese wiederum ordnet, an, dass das Recht des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthalts (siehe oben), also deutsches Recht gilt.

In diesem Fall besteht also grundsätzlich ein Gleichlauf zwischen der EU-Erbrechtsverordnung und dem schweizerischen IPRG.

Beispiel 2:

Wohnt, umgekehrt, ein deutscher Staatsangehöriger in der Schweiz oder verlegt seinen Wohnsitz dorthin und verstirbt er daraufhin, so galt bis zum Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung, dass aus schweizerischer Sicht das Schweizer Erbrecht anzuwenden ist, nach den damaligen deutschen kollisionsrechtlichen Regelungen jedoch deutsches Recht, da es um einen deutschen Staatsbürger ging.

Nach Einführung der EU-Erbrechtsverordnung ist jetzt auch aus deutscher Sicht Schweizer Erbrecht anzuwenden. Auch hier besteht nun also grundsätzlich ein Gleichlauf der deutschen mit der Schweizer Rechtslage.

Beispiel 3: 

Ein deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft in München, hat ein Bankkonto in der Schweiz. Nach seinem Tod stellt sich die Frage des anzuwendenden Erbrechts. Als deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland kommt nach beiden Rechtsordnungen deutsches Erbrecht zur Anwendung.

Beispiel 4:

Ein Deutscher hat seinen Wohnsitz in Deutschland. Er verstirbt während eines längeren Kuraufenthaltes in Bern.

Aus deutscher Sicht gilt hier aufgrund der Anordnung in der EU-Erbrechtsverordnung (letzter gewöhnlicher Aufenthalt) zunächst das Recht der Schweiz. Dieses beinhaltet auch das IPRG. Daher ist zu prüfen, was das IPRG für diesen Fall anordnet.

Das IPRG verweist in diesem Fall wiederum (zunächst) zurück auf das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates, also die EU-Erbrechtsverordnung. Diese verweist auch weiterhin auf das Rechts des Staates mit dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt, also wiederum das Recht der Schweiz, einschließlich des IPR.

Um hier nun eine „Endlosschleife“ durch eine erneute Verweisung auf die EU-Erbrechtsverordnung zu verhindern, bestimmt das IPRG für diesen Fall, dass „das materielle Erbrecht des Wohnsitzstaates anzuwenden“ ist, also deutsches Recht.

Aus Schweizer Sicht gilt zunächst das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates und damit wiederum die EU-Erbrechtsverordnung (siehe oben, Beispiel 1). Die EU-Erbrechts

Auch hier besteht also letztendlich ein Gleichlauf zwischen der EU-Erbrechtsverordnung und dem schweizerischen IPRG und es gilt deutsches Erbrecht.

Hinweis:

Wie sich aus den vorgenannten Beispielen ergibt, ist nur das anwendbare Recht harmonisiert.

Zwischen den materiellen Erbrechten der beiden Länder bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede, insbesondere im Pflichtteilsrecht.

Um zu gewährleisten, dass die „richtige“ Rechtsordnung zur Anwendung kommt, sollte ein entsprechendes Testament oder ein Erbvertrag errichtet werden und in diesem eine Rechtswahl zu Gunsten des Erbrechts des Landes getroffen werden, das für den jeweiligen Fall „günstiger“ ist.

Nicht durch Rechtswahl beeinflussbar ist hingegen die Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer. Diese knüpft an andere Kriterien an, zu die wir Sie gerne beraten.

 II. Einfluss des ehelichen Güterrechts auf das Erbrecht

Das familienrechtliche Güterrecht kann einen erheblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis der Erbauseinandersetzung haben:

Soweit die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben, gilt nach schweizerischem Recht der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 – 220 ZGB), der dem deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ähnelt. Nicht selten wird in der Schweiz aber Gütergemeinschaft vereinbart (Art. 221-246 ZGB) bzw. gilt aufgrund Ehevertrages oder von Gesetzes wegen Gütertrennung (Art. 247-251 ZGB).

Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung wird das voreheliche Vermögen und das während der Dauer des Güterstandes erworbene Vermögen dem jeweiligen Ehegatten zugeordnet, und zwar entweder als sog. Eigengut oder als Errungenschaft. Die Einordnung ist von Bedeutung für das Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung.

Im Falle der Auflösung der Ehe durch Tod hängt der Umfang des Nachlasses wesentlich vom Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung ab. Abweichend vom deutschen Recht (§ 1371 Abs. 1 BGB) besteht kein pauschaler Zugewinnausgleich für den Todesfall. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist vielmehr so vorzunehmen, als wäre die Ehe geschieden worden, und zwar bevor der Nachlass auseinandergesetzt wird. Zu den Einzelheiten berate ich Sie gerne.

Um dem es dem überlebenden Ehegatten zu erleichtern, seine bisherige Lebensweise fortzuführen, sieht Art. 219 ZGB zudem die Zuweisung von Eigentum an einer Wohnung bzw. ein Wohnungsrecht vor. Auch die eigentumsrechtliche Zuordnung von Hausrat ist denkbar.

III. Materielles Erbrecht in der Schweiz

Die Regelungen des schweizerischen Erbrechts finden sich in den Art. 457 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB).

1. Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge wird – wie im deutschen Erbrecht – von der Erbfolge nach Ordnungen und Stämmen bestimmt. Zu den Einzelheiten berate ich Sie gerne.

Abweichungen zum deutschen Erbrecht ergeben sich bei dem Erbrecht des Ehegatten, Art. 462 ZGB. Danach erhält der überlebende Ehegatte neben den Nachkommen des Erblassers die Hälfte des Nachlasses, neben den Eltern des Erblassers ¾ des Nachlasses. Dem Ehegatten gleichgestellt ist seit dem 01.01.2007 der eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartner.

2. Testament und Erbvertrag
Das schweizerische Recht kennt ebenfalls Testamente und Erbverträge, wobei lediglich einseitige Testamente zulässig sind. Ein gemeinschaftliches Testament ist unzulässig.

3. Pflichtteil:
Die Testierfreiheit findet seine Grenze im schweizerische Pflichtteilsrecht, das als sogenanntes Noterbrecht ausgestaltet ist:

Der Pflichtteilsberechtigte erhält nicht nur – wie in Deutschland – einen schuldrechtlichen Anspruch in Geld, sondern wird unmittelbar („dinglich“) als Miterbe am Nachlass beteiligt.

Der Erblasser darf nur so weit frei über sein Vermögen verfügen, als der Pflichtteil nicht geschmälert wird („verfügbare Quote“).

Verfügt er entgegen diesen Vorgaben, muss der Pflichtteilsberechtigte die Verletzung seines Pflichtteilsrechts im Wege der Herabsetzungsklage geltend machen, um in Höhe seiner Pflichtteilsquote am Nachlass beteiligt zu werden. Zu den hierfür laufenden Fristen berate ich Sie gerne.

Einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch haben nur die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner, die eingetragene Partnerin bzw. der eingetragene Partner und die Abkömmlinge der verstorbenen Person.

Die Lebenspartnerin bzw. der Lebenspartner sowie die Eltern und Geschwister haben seit Januar 2023 keinen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch mehr.

Die Pflichtteilsquoten der Kinder und Abkömmlinge sind höher als nach deutschem Recht.

4. Erbschaftssteuer
Zwischen Deutschland und der Schweiz besteht ein „Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlaß- und Erbschaftsteuern„, das seit 1978 gilt.

Dieses kommt sachlich zur Anwendung, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in einem der beiden Staaten hatte.  Der Wohnsitz der Vermögensempfänger ist hingegen unbeachtlich.

Das DBA stellt folgende Grundsätze auf:

1.) Besteuerung beweglichen Vermögens am letzten Wohnsitz des Erblassers im Wohnsitzstaat (Art. 8 Abs. 1 DBA)

2.) Besteuerung des unbeweglichen Vermögens am Belegenheitsort im Belegenheitsstaat (Art. 5 Abs. 2 DBA)

In Art. 8 Abs. 2 DBA wird als Ausnahme zu dem erstgenannten Grundsatz  das Besteuerungsrecht für die Bundesrepublik Deutschlandin den Fällen uneingeschränkt aufrecht erhalten, in denen der Erwerber des Vermögens unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland ist (außer, wenn Erblasser und Erwerber Schweizer sind).

Eine Doppelbesteuerung wird in diesen Fällen durch Anwendung der in Artikel 10 Absatz 1 enthaltenen Bestimmungen vermieden.

Wir beraten Sie gerne zu den weiteren Einzelheiten.

Einen Online-Rechner zur Berechnung der kantonal unterschiedlichen Erbschaftsteuer in der Schweiz finden Sie z.B. hier (Kanton Zürich).

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns – wir beraten Sie gerne!

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